Ein Kinodokumentarfilm von Julia Horn
106 min
Der Bruder wird vom Auto erfasst.
"In 10 Tagen wird er sterben", sagt der Arzt.
Der Vater bestellt das Grab.
Ein Bruder sagt: "Nein, das ist noch nicht entschieden."
Michael kämpft um das Leben von Markus
und verliert dabei fast sein eigenes.
Als Michael seinen Bruder Markus auf der Intensivstation sieht, hat er nur eines im Sinn - seinen Bruder nicht gehen zu lassen.
Er fährt in die Wohnung von Markus und versiegelt dessen Kleidung, damit der Geruch haften bleibt.
Er nimmt die Stimmen der Nachbarn und Brüder auf. Er filmt mit seiner DV Kamera Wege und Orte, die Markus kennt.
Michael will ihn in seiner Welt halten, sie ihm ans Krankenbett bringen.
Michael: "Damit er das Gefühl hat, 'Ich kann mich nicht bewegen, aber ich kann mich geistig bewegen.
Ich kann mich geistig durch die Welt bewegen, die ich kenne.
Das sind meine Gefühle, die kenne ich. Da ist ein Heimathafen innen drin, ein Zuhause'."
Michael holt Markus aus dem Saarland zu sich nach Köln. Er betreut ihn 24 Stunden, verzichtet auf ein Privatleben und beruflichen Erfolg.
Er lebt mit dem festen Ziel, seinen Bruder aus dem Wachkoma zu holen und es gelingt ihm tatsächlich - gegen alle Voraussagen.
Sofort hat Michael das nächste Ziel: Markus soll wieder laufen und sprechen lernen. Michael filmt seine Beine, wie sie sich heben und senken und zeigt es Markus. Er soll sehen und begreifen, wie es wieder funktionieren kann. Michael untersucht Kommunikationsmodelle: Wie kann er sich mit Markus verständigen, erfahren wie es ihm geht und ihn zum sprechen bewegen. Ständig entwickelt Michael neue Ideen, um Markus anzuregen.
Mit seinem unerschütterlichen Engagement gerät Michael Becker immer wieder in Konflikt mit dem Pflegepersonal, die von seiner Einmischung alles andere als begeistert sind. Michaels ständige Anwesenheit, Verbesserungsvorschläge im Umgang mit Markus sind nicht willkommen. Michael will, dass alle Menschen, die mit seinem Bruder zu tun haben, ihn als einen Menschen betrachten, der sich auf dem Weg der Gesundung befindet. Wer das nicht kann oder tut, muss gehen. Michael reibt sich auf und kommt Monat für Monat näher an seine körperlichen und emotionalen Grenzen. Schließlich bricht er zusammen und erleidet einen Herzinfarkt.
Michael: "Ich nehme das Wort 'Liebe' nicht so oft in den Mund. Es ist aber genau das Wort, wenn man sich teilt.
Wenn man sich verstanden fühlt, das ist Liebe.
Wenn man sich verstanden fühlt, hat man auch ein Zuhause. Dann ist man angekommen. Dann ist man da.
Bruderliebe heisst im Prinzip, 'Zuhause sein', das man so, wie man ist, ok ist."
Der Film erzählt darüber hinaus auch eine tragische Familiengeschichte. Für den Vater bleibt der Sohn für eine lange Zeit "gestorben" und auch die Aktivitäten des Sohnes Michael irritieren ihn. Wird der Vater den "verlorenen" Sohn wiedersehen?
Director's commentary
10 Jahre haben wir die Geschichte von Michael, Markus und seiner Familie begleitet.
Eine lange Zeit, die auch mir Fragen gestellt hat.
Was tun wir aus Liebe? Wie weit gehen wir? Wie gelingt Kommunikation auch jenseits von Sprache?
Der Film nimmt sich Zeit, so wie auch Michael es im Umgang mit Markus versucht.
Was passiert, wenn auch wir Zuschauer im Augenblick bleiben und auch uns die Zeit nehmen, die Momente der Geschichte zu erleben?
Mir war wichtig, die Enge der Lebenssituation auch im Bild auszudrücken. Die Kamera beobachtet nah und respektvoll.
Mein Dank an Timm und Arne für die sensible Kameraarbeit, die, in dem Mikrokosmos der Räumlichkeiten und Stimmungen, nicht immer einfach war. Auch die Tonangel sollte nie ein Störfaktor vor allem für Markus werden. Danke besonders an Filipp.
Michael hat mir sein privates DV Archiv inkl. Videotagebücher von weit über 3000 Stunden zur Verfügung gestellt.
Herzlichen Dank für sein Vertrauen dieser sehr persönlichen Einblicke und sein Einverständnis, ausgewählte Szenen zu zeigen.
Danke auch an das Team von Corso, die mir und uns alle Freiheiten der Gestaltung gelassen haben.
Die Filmarbeit war unglaublich anstrengend, schön, traurig, auch humorvoll und vor allem so sinnvoll.
Bruderliebe / Dear Brother
106 min / Germany 2019 /1,78:1/5.1/HD
Buch und Regie
Julia Horn
Kamera
Timm Lange
Arne Wolter
Ton
Filipp Forberg
Michael Arens
Michael Ciesla
Montage
Alexandra Karaoulis
Johannes Hiroshi Nakajima
Musik
Jörg Follert/SunSunPark
Mischung
Karl Atteln
Color Correction
Felix Hüsken
Grafik
Jürgen Schnetzer
Produktionsleitung
Florian-Malte Fimpel
Produzenten
Erik Winker
Martin Roelly
In Koproduktion mit dem ZDF
In Kooperation mit HORNFILM
gefördert von der Filmstiftung NRW, Saarland Medien, arte
Infos zu Michael Becker: www.moments-stiftung.de